Unser Untergang

Der Führer in f-moll

Natürlich habe ich ihn schon gesehen: „Der Untergang“. Die biographische Verknüpfung, die mich in jene Zeit hineinzwängt läßt auch nichts anderes zu. Krieg, Vertreibung, Gefangenschaft sind Thema seit Kindesbeinen, ich weiß noch wie erstaunt ich feststellte, daß es Väter, Männer gab, die nicht Soldat waren, nicht von Kesselschlacht und dem „Iwan“ sprachen. Komisch für meinen Jahrgang, späte Nachkriegsgeneration, Baujahr 67.
Der Film gibt keine Antwort, er schweigt mich genauso beharrlich an, wie Vater, Onkel, Großmutter. Warum diesem Mann Gefolgschaft geleistet wurde, welche Faszination von ihm ausging teilt mir dieser Bruno Hitler nicht mit, nicht einmal Grusel stellt sich ein im zwielichtigen Neon. Nun will ich hier keine Filmkritik abliefern, die gibt es hier oder man lese dieses herrliche Essay von Götz Aly. Wer das Archiv der Taz durchschnöft findet noch einiges, auch von Diedrich Diedrichsen. Lesenswert.
Was mich viel schwerer ankommt ist das Versagen der Filmmusik in Eichingers Werk. Dort wo die Schauspieler eben nicht das erwartete leisten können, wo der Führer einem bei Pasta schlürfend peinlich nahe kommt, wo Musik die Brechung mitteilen könnte, an der es sonsten mangelt, erklingt stets die Beliebigkeit unter der viele Filmmusik der letzten Jahre leidet. Was hören wir? Überwiegend melancholisches, es flirren die Streicher herbstlich daher, das Piano klimpert und mich erinnert das Thema fatal an Scarborough Fair. Zitieren ist ja legitim, aber was dieses lieblich verträumte englische Volkslied hier zu suchen hat erschließt sich mir nicht. Nichts verdeutlicht wo wir sind: im Auge eines Tornados aus Blut und Zerstörung, im einem Finale mörderischer Verzweiflung. Nein, da dröhnen die Bässe und Celli wehmütig, so ein kleiner Weltschmerz und der Führer zwar ein Ungeheuer, sonst nur armes, trauriges, untergehendes Deutschland. Bisweilen wabbert das Thema über einen Orgelton, Gipfel der Dramatik: Glockenschläge. Natürlich schmettert Zarah Leander das unvermeidliche „Davon geht die Welt nicht unter“, und Goebbels Kinder singen „Kein schöner Land in dieser Zeit“. Ein Ekel breitet sich da in mir aus. Ein einziges mal hören wir ein Soloklavier, netter Sound, wenn man unglücklich verliebt am Strand flaniert, oder im Abschiedschmerz der Liebsten durch die Locken schnüffelt, eine Träne im Auge. Ich weiß die Szene nicht zum Klang, erinnere aber auch keine die passt.
Wer hats verbrochen, fragt man sich unwillkürlich: Stephan Zacharias . Man lese dorten des Mannes Visitenkarten und denke selber weiter.