Poltiker im weiteren Umfeld

Es gibt einen Blick, den man den eigenen nennt. Natürlich ist er gefärbt, vielleicht gebrochen oder scheel, aber es ist immer dieser mit dem man in die Welt schaut.
Wenn ich ihn über die verschiedenen Menschen gleiten lasse, deren politische Karriere ich kenne, wird mir unwohl, und ich dieses Unbehagen steht dann bereit als Konzentrat über der gesamten politischen Klasse ausgekübelt zu werden.

Der eine ist ein Sozi. War Schülersprecher. Gellend, keck die Stimme, der Gestus des Volkstribuns früh eingeübt, in der Konfirmandengruppe, fleißig diskutierend, mit dieser aufdringlich engagierten Art. Jahre später traf man sich wieder und er frug mich: „Rainald, wir fragen uns oft bei den Jusos, wo ist den die Jugend? Wieso kommt ihr nicht zu uns?“ Ich habe die Antwort sehr chiffiert, mir seien da zu viele seiner Art. Jetzt sitzt er im Rat nach der harten Ochsentour, die ich nicht verfolgt habe und nicht ausgehalten hätte.

Der andere war der jüngere eines Brüderpaares. Der Ältere in meiner Parallelklasse, ein unerträglicher Streber, wie ein Welpe an den Lehrern klebend, ein Schwanzwedler und Taschenträger. Zwei vom mütterlichen Ehrgeiz getriebene. So aufdringlich, daß es allen peinlich war. Der Jüngere vom gleichen Holz. Noch vor dem Abi bei der JU, Studium, und nebenher Erfolg in der Partei. Bezieht bald ein Büro im Landtag und wird seinen Weg machen. Posiert mit Rüttgers und Erwin. Schamlos.

Was mich an den beiden stört? Wahrscheinlich der unausgesprochene Wille zur Macht; das die Frage der politischen Richtung nur noch eine der Prägung und des Kalküls ist.

Dann sind da noch die alten Sozis, die ich kenne und schätze. Da darf ich dann auch Namen nennen. Meinen Vater, Werner Götz und Karl Dross.
Ihnen gemein: Alle sind relativ desillusioniert aus ihrer politischen Tätigkeit ausgeschieden, genervt von den Neurotikern und narzistisch Gestörten. Abgewetzt durch Klüngel und auch dumme Intrigen.

Es ist auch meine Schuld, meine Bequemlichkeit, meine gehütete Unabhängigkeit, die meinen Jahrgangsgleichen die Plätze in den Entscheidungsgremien überlassen hat. Glücklich macht mich dieses Wissen nicht.