Nachlese

Wenn ich als Musiker wenig zu tun habe, ist der Besuch eines Konzerts immer eine schwierige Sache. Kollegen hören, die „es“ tun, wirft mich gern auf eine kleinliche Neidebene hinab. Ich mag mich dann nicht wirklich. Es kann natürlich auch ganz anders kommen. Wenn man jemanden hört, der auch nach Jahren immer noch so swingt, als ob er eine Pickelhaube im Arsch hat, erheitert mich das doch. Diffizile Emotionen triggert so ein Konzertbesuch.

Am meisten erregte mich aber eine atmosphärische Kleinigkeit, die mir zum erstenmal vor vielen Jahren in Berlin sauer aufstieß. Auf einem Konzert junger Improvisateure regte mich etwas entsetzlich auf. Es dauerte eine Weile, bis ich das Irritierende isoliert hatte. Bevor man spielt gibt es einen Moment der Sammlung, eine kurze Konzentrationsphase, ein nach innen Lauschen. Wird das zum gestischen Bestandteil, quasi zur Liturgie, da schaudere ich. Gestern gab es das auch und ich frage mich. wie das geschehen kann. Ich will mehr Rock’nRoll und weniger verinnerlichten Quark.

Ansonsten sind Minaturfestivals ein kommunikativer Ort, man plauscht, tauscht sich aus, wobei ein cooles „ich hab soooo viel zu tun“ leicht über die Lippen kommen muß. Ich hatte großen Spaß, die Fragwürdigkeit meiner Existenz zu betonen und die Reaktionen zu beobachten. Mancher Kollege dreht sich um und geht auf ein neues Bier zum Tresen, wenn ich laut sage, ich wüßte nicht wohin, künstlerisch und materiell. Eine besondere Freude war deshalb das Gespräch mit Katrin Mikiewicz. Die Gleichzeitigkeit von Talent und Erfolg, Nachdenklichkeit und Freundlichkeit ist selten, schön und anregend, daß ich wieder denke, ja, es ist gut ein Musiker zu sein, eigentlich das Beste, was man sein kann.

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