Friedrich Heinrich Jacobi

Jacobi

Freylich, erwiederte Woldemar, ist hier ein Abgrund von Niederträchtigkeit und hölllischer Verderbnis. Aber einmal hinüber mußten wir über diesen gräulichen Strudel. Es war der einzige Paß aus einer alten zertrümmerten Welt in eine sich bildende neue. Gewiß lange genug hatten wir fortgefahren persönliche Eigenschaften, Tugenden, Umstände und Zustände anzupreisen für die wir keinen Sinn mehr hatten, die unseren Sinnen ganz entrückt waren. Wir sollten und wollten unsere Glückseligkeit mit Verachtung mit Hintansetzung wenigsten, von Wollust Reichthümer suchen; und es war doch nichts mehr da wofür wir etwas thun konnten, als Wollust und Reichthümer. Keins von jenen Bedürfnißen welche die Seele mit Gewalt erheben, waren mehr vorhanden; keine Gegenstände mehr, beßre und freywillige Bestrebungen zu erwecken: dicke Finsterniß lag über dem menschlichen Herzen.

Friedrich Heinrich Jakobi, Vermischte Schriften, Erster Theil. Breslau 1781. Daraus: Der Lustgarten. Ein philosophisches Gespräch, S. 91f

Diesen Text gab mir Carmen; sie ist Jacobiforscherin und dachte beim lesen des Textes an einen Auspruch von mir, dahingehend, daß wir wohl unfähig zum Widerstand und zur Revolte sind.